Jeder kennt „Rudolf mit der roten Nase“ von Johnny Marks, aber in Island erzählt das geliebte Weihnachtslied von einem Islandpferd.
Es war 1967 und Weihnachten stand vor der Tür. Im ganzen Land saßen die Kinder gespannt vor dem Fernseher, da das Kinderprogramm Stundin okkar bald anfangen sollte. In dem Programm trat ein Kinderchor auf und sang ein bekanntes Weihnachtslied von Johnny Marks (ursprünglich „Rudolf mit der roten Nase“) mit einem neuen Text über ein Fohlen namens Fákur. Der Text wurde von Hinrik Bjarnason, einem Lehrer und später Programmregisseur des isländischen Senders RÚV, geschrieben. Er war der erste Moderator von Stundin okkar, als das Programm an Weihnachten 1966 erstmals ausgestrahlt wurde. 
 
Hinrik hatte ein amerikanisches Weihnachtsalbum gehört und wurde inspiriert, zu vielen Liedern einen isländischen Text zu schreiben. Er entschied sich, Johnny Marks „Rudolf mit der roten Nase“ zu adaptieren. Es war schließlich eines der beliebtesten Weihnachtslieder aller Zeit! In seiner Version sollte es um ein Pferd statt um ein Rentier gehen, um es für die isländischen Kinder realistischer zu machen. Er nannte seine Version „Folaldið mitt, hann Fákur“ („Mein kleines Fohlen Fákur“).
 
Mein kleines Fohlen Fákur
 
Mein kleines Fohlen Fákur
Hatte einen Huf weiß wie Schnee
Er töltete durch Island
Und schnaubte laut juchhe 
 
Die and‘ren Pferde lachten
Über sein weißes Bein
Nie wollten sie mit ihm spielen
Fákur war oft ganz allein
 
Dann an einem Weihnachtsabend
Sagte der Weihnachtsmann 
Fákur, du bist voller Mut
Du wärst vor meinem Schlitten gut!
 
Seit diesem Tag war Fákur
In seiner Herde ein Star
Jeder wollte mit ihm spielen
Den Huf fanden sie wunderbar!
 
(Von Hinrik Bjarnason. Übersetzung von Louisa Hackl.)
 
„Ich ließ die Rentiere weg und passte das Lied an die Pferdewelt an,“ sagt Hinrik. „Ein Rentier mit einer roten Nase ist eine Art Fabelwesen, aber jeder kennt Fohlen.“ Im Original rettete Rudolf das Rentier den Weihnachtsmann, nachdem die anderen Rentiere ihn wegen seiner roten Nase ausgelacht hatten. Jetzt ist Fákur das Fohlen wegen seines weißen Hufs ein Außenseiter und hilft schließlich dem Weihnachtsmann, seinen Schlitten durch einen Schneesturm zu ziehen. Diese Tat brachte ihm Bewunderung und den Respekt der anderen Pferde. 
 
Hinrik, der 1934 geboren wurde, erklärte dass obwohl er im Erwachsenenalter kein Pferdenarr war, „auf dem Pferderücken groß geworden ist“ und bis in die Jugend ohne Sattel ritt. „Es war typisch für meine Generation. Ich ritt auf Arbeitspferden und kannte die Welt (der Pferdemenschen) gut.“
 
„Folaldið mitt, hann Fákur“ wurde auf ein paar Alben aufgenommen, ursprunglich 1968, und 1987 zusammen mit weiteren Weihnachtsliedtexten von Hinrik und Illustrationen von seinem Sohn Bjarni Hinriksson in dem Buch Við hátíð skulum halda („Die Feiertage sollten wir feiern“) veröffentlicht. 
 
Auch andere Texte von Hinrik wurden von Pferden inspiriert. „In ‚Zwölf Weihnachtstage‘ – welches ich ‚Dreizehn Weihnachtstage‘ nenne, da wir in Island dreizehn Weihnachtstage haben – erscheint dieser Vers: ‚Am dreizehnten Weihnachtstag, gab mir mein Jonas, dreizehn liebe Pferde…“ Außerdem kommen in einem weiteren Text zu einem bekannten Weihnachtslied Pferde vor: Felix Bernards „Winter Wonderland“. Hinriks Version heißt „Í skíðabrekkunni“, oder „Auf der Skipiste“. 
 
Auch wenn vielleicht ein Großteil der Isländer die direktere Übersetzung von Johnny Marks „Rudolf mit der roten Nase“ von Elsa E. Guðjónsson aus 1955 kennt, erwies sich „Folaldið mitt, hann Fákur“ zuerst nach der Veröffentlichung als sehr beliebt und wurde zu verschiedenen Anlässen gesungen. Beispielsweise auch vom Brokkkórinn, Islands Chor der Pferdefreunde! 
 
Wir wünschen euch alle fröhliche Weihnachten!
 
Text: Eygló Svala Arnarsdóttir. Fotos: Louisa Hackl.

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