Über ein Islandpferd, das einer jungen Frau hilft mit Zerebralparese zu leben und Kopf an Kopf mit Reitern ohne Behinderung auf höchstem Niveau zu reiten.

Cecilia Rosell lebt in der Nähe von Odense in Dänemark und trainiert fast täglich mit ihrem Islandpferd Abel, um sich für die Prüfung T2 zu qualifizieren. „Wir sind so nah dran! Uns fehlen nur noch wenige Punkte,“ sagt sie aufgeregt. Die beiden haben bereits an vielen regionalen Meisterschaften teilgenommen und Medaillen in T4 und Viergang gewonnen. 2017 nahm die Regisseurin Caroline Jensen eine kurze Dokumentation namens My life with Abel über Cecilia und ihr Pferd auf. Diese zeigt Cecilia, wie sie Abel ohne Sattel und Trense in perfekter Balance reitet. Wenn man sich die Dokumentation ansieht, ist es schwer zu glauben, dass Cecilia an Zerebralparese leidet.

Von der Filmaufnahme.

„Als ich eineinhalb Jahre alt war, sagten die Ärzte meinen Eltern, dass ich wahrscheinlich niemals laufen werde,“ erzählt sie. Ihre Eltern hatten gehört, dass das Reiten Kindern mit Behinderung helfen kann und beschlossen, es zu probieren. Cecilia ergänzt, dass die Entscheidung naheliegend war, da ihre Tante Para- Dressurreiterin war und die Familie ihrer Mutter stets Pferde gehabt hatte. Cecilias erster Ritt erfolgte auf einem Belgischen Kaltblut, mit ihrer Mutter hinter ihr auf dem Pferd. „Ich war wie eine Mücke auf einem Elefanten!“ lacht sie. Das Reiten hat tatsächlich sehr geholfen und Cecilia lernte, zu laufen – zu Beginn mit einer Schiene an einem Bein. Mittlerweile kann sie an einem guten Tag sogar bis zu einen Kilometer laufen, ist danach aber oft sehr erschöpft. Reiten ist für sie eine Therapie. „Es sind die Bewegungen des Pferdes. Beim Reiten werden so viele kleine Muskeln trainiert, die ich sonst nie beanspruchen würde. Ich habe sowohl versucht zu schwimmen als auch ins Fitnessstudio zu gehen und viele weitere Sportarten porbiert, aber kein anderer Sport kann mithalten.“ Cecilia fing langsam an selbstständig zu reiten, nahm am Reitunterricht teil und lernte das Dressurreiten auf einem dänischen Warmblut. Das Reiten hielt Cecilia in Form, aber die Größe des Pferdes war eine große Herausforderung. Sie konnte es beispielsweise nicht alleine satteln und die Trainingsstunden erschöpften sie sehr. „Das Pferd war viel zu groß und ich konnte nicht öfter als ein- oder zweimal pro Woche reiten.“ Anschließend musste Cecilia ihr Dressurpferd zurück zu seinem Besitzer schicken und ging für drei Monate auf ein Internat. „Ich war die ganze Zeit über im Rollstuhl und nahm jeden Tag 16 Schmerztabletten. Ich stand immer noch unter so starken Schmerzen, dass ich oft in die Notaufnahme gebracht werden musste. Ich habe realisiert, dass nicht zu reiten für mich keine Option war. Es war zu schmerzhaft und ich wollte nicht im Rollstuhl sitzen.“

In der Zwischenzeit hatte Cecilias Tante zu Islandpferden gewechselt und liebte die Rasse. Eine ihrer Freundinnen hatte ein Islandpferd gesehen, das zu verkaufen war und wie perfekt für Cecilia zu sein schien. „Sie sagte: ‚Du musst dieses Pferd sehen!‘ Ich war im Herzen immer noch eine Dressurreiterin und wollte an Turnieren teilnehmen. Aber das Pferd stand nur 30 Minuten entfernt und nach ein paar Tagen sprach ich mit dem Besitzer. Und dann traf ich Abel. Im Februar ist es fünf Jahre her.“ Cecilia bat ihre Tante, mit ihr zu kommen, da sie über Islandpferde nicht viel wusste, außer dass sie fünf Gänge haben. „Sie stieg auf und ritt ihn und er rannte wie verrückt. Dann stieg ich auf und er lief ganz langsam in klitzekleinen Schritten.“ Cecilia und Abel hatten sofort eine Verbindung zueinander; das Pferd schien zu spüren, dass es mit ihr vorsichtig sein musste. Cecilia sollte eigentlich kein Pferd kaufen, da sie noch nicht 18 war und deshalb nicht auf ihre Ersparnisse zugreifen konnte. „Aber ich musste mir einfach Geld leihen und dieses Pferd kaufen!“



Die besten Freunde. Foto: Katja Jensen.

Das war der Anfang einer wundervollen Beziehung. Da Cecilia ihre Beine nicht benutzen kann, um die gewöhnlichen Schenkelhilfen zu geben, musste sie Abel beibringen, alle Kommandos anhand ihrer Stimme zu verstehen. Wenn sie ausreitet, kann sie ihm vertrauen, einen Berg hoch zu galoppieren und oben auf ihr Stimmkommando stehen zu bleiben. Sie hat ihm außerdem Kunststücke beigebracht, Abel ist ein sehr schneller Lerner, da er Leckerlis liebt! Es scheint, als würde er intuitiv verstehen, was Cecilia braucht. „Wenn ich nur die Trense in die Hand nehme, senkt er seinen Kopf und vereinfacht es mir so, ihn aufzutrensen. Er ist so schlau.“ Und er passt sehr gut auf sie auf. Wenn sie einen schlechten Tag hat, geht er nur ganz langsam. Ihn zu reiten, ist die beste Therapie für Cecilia. „Heute [17. November] zum Beispiel, habe ich mich sehr schlecht gefühlt. Mein unterer Rücken tat weh. Momentan ist es sehr kalt und mein Körper reagiert sehr empfindlich auf das kalte Wetter. Ich musste einfach aufs Pferd, also sprang ich kurzerhand ohne Sattelzeug auf ihn, ritt zwei Runden und mein Rücken war wieder in Ordnung. Wenn ich nicht laufen kann, tut es das Pferd für mich und beansprucht die Muskeln.“

Als wir sie fragen, was der größte Vorteil ist, ein Islandpferd zu reiten, antwortet Cecilia schnell: „Der Tölt. Nichts ist besser. Ich kann immer reiten gehen, egal wie schlecht ich mich fühle. Das Pferd passt auf mich auf und ich werde mein Gleichgewicht im Tölt nicht verlieren.“ Aber da Cecilia den Tölt nicht kannte, bevor sie Abel kaufte, dauerte es eine Weile bis die beiden ihn perfektioniert hatten. „Alle anderen Gangarten sind auch sehr weich. Jetzt arbeiten wir am Trab,“ fügt sie hinzu. Die freundliche Natur der Rasse ist auch ein großer Vorteil. „Mittlerweile habe ich viele Islandpferde kennengelernt, und während keines wie Abel ist, scheinen sie alle eine besondere Ruhe zu haben, die man bei anderen Pferden nicht findet.“ Abel hat auch anderen geholfen. Cecilias Schwester war anfangs eine sehr ängstliche Reiterin, aber nimmt mittlerweile an Turnieren teil. „Er kann ein wahnsinnig gutes Turnierpferd und der schnellste Tölter sein, aber wenn er muss, ist er das ruhigste Pferd der Welt.“ Manchmal verleiht sie ihn für Therapiestunden. „Da war ein schwerbehindertes Mädchen, das stets auf einen Rollstuhl angewiesen war. Zu Beginn hielt ich das Pferd und eine Person auf der anderen Seite stützte sie, aber als sie aufhören musste zu Reiten um aufs Internat zu gehen, saß sie ganz alleine auf dem Pferd.“

Auf dem Turnier.

Cecilia teilt die Geschichte von Abel und sich gerne, um anderen Menschen mit Behinderung zu helfen. Sie hat eine Facebookseite, die sie gründete, als sie Abel bekam und dokumentiert dort regelmäßig ihren Fortschritt. Als wir sie nach ihren Zukunftsplänen fragen, antwortet sie: „Weiterhin reiten. Ich hoffe, dass ich meine Geschichte darüber, wie viel das Reiten bewirken kann, weiterverbreiten kann und dass ich an größeren Turnieren teilnehmen werde. Meine Behinderung wird mich nicht aufhalten.“ Cecilia freut sich sehr, wenn sie davon hört, wie andere mit dem Reiten anfangen, nachdem sie ihre Geschichte hörten. „Es ist schön zu wissen, dass ich eine Inspiration sein kann.“

Text: Eygló Svala Arnarsdóttir. Fotos: CM Photography und Katja Jensen Photography. Übersetzung: Louisa Hackl.

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